Was Jürnjakob Swehn dazu sagt
Wat Jürnjakob Swehn dor tau secht
Jürnjakob Swehn, der Amerikafahrer - Aphorismen, Sprüche und Zitate

Wat Jürnjakob tau Amerika secht

»In Mecklenburg haben wir einen Großherzog, und
   den hat Amerika nicht mal.«
 

on Hornkaten nach Amerika ist eine weite und beschwerliche Reise. Wenn man nach dem Auswandern endlich elend und verdreckt und verlaust in Amerika vom Schiff gejagt wird, ist einer so dumm wie der andere, dumm wie ein Tagelöhnerferkel, secht Jürnjakob. Wenn Dummheit weh täte, dann wär am Hafen von New York vom Morgen bis an den Abend nichts zu hören als Heulen und Wehklagen. Aber das gibt sich bald, hat Jürnjakob festgestellt, denn in Amerika wird man ganz anders rumgestoßen als in Deutschland. In Deutschland nämlich is de Minsch den lieben Gott sin Dummerjahn, in Land Amerika aber sitzt den meisten Menschen ihr lieber Gott im Geldkasten.

Glaisin, alter ForsthofWenn Land Amerika auch keinen Großherzog hat, so hat es aber wenigstens einen Zaren, jedenfalls nach Meinung einer russischen Auswanderin aus Jekaterinoslaw, die Jürnjakob drüben trifft. Mit dem amerikanischen Zaren ist allerdings nicht gut Kirschenessen, denn der hat sieben Zahngebote erlassen, auf deren Einhaltung in Amerika strikt geachtet wird, wie ihr der Zahndoktor in ihrer Heimatstadt noch rechtzeitig vorm Auswandern weisgemacht hatte, um ihr für viel Geld noch schnell ein künstliches Gebiss zu verpassen. Und überhaupt ist Amerika ein ganz malles Land, meint die geplagte Frau.

Was Wunder also, wenn Jürnjakob kurz nach seiner Ankunft am gegenüberliegenden Ufer des Atlantik zu der Vermutung kommt: Diese Welt steht auch nicht mehr lange, und das will die neue Welt sein? Wenn Kolumbus sich man nicht geirrt hat. Aber, denkt hei, wo kann das Land Amerika auch leben ohne Großherzog?

Amerika hat auch große Städte, wie z.B. Chicago, wo 1893 sogar die Weltausstellung stattfand. Aber in die Stadt ziehen will Jürnjakob trotzdem nicht. Denn wenn man immer in dem Town ist, kommt da nämlich nichts bei raus als bloß das Geld aus der Tasche. Außerdem laufen da die Menschen wie verrückt durcheinander, secht hei. Das ist ganz anders als zu Hause auf dem Martinimarkt in Eldena. Und die Häuser, die Gesichter, die Nachbarn - das wechselt alles, wie wenn der Mensch sein Hemd wechselt. Dabei können auch die Kinder nicht fest werden, secht de Mann ut Hornkaten.

Manches ist in Land Amerika aber genau wie in Mecklenburg. Zwar hat Jürnjakob in der Schule gelernt, dass die Sonne im Sommer in Amerika aufgeht, wenn sie zu Hause untergeht, aber das, so teilt er seinem alten Lehrer zu Hause in Glaisin mit, sei eine Irrlehre. Die Sonne geht nämlich auch in Amerika morgens auf und abends unter.

Die Begegnungen mit den vielen ungewöhnlichen Menschen, die eigenartigen Methoden der amerikanischen Landwirtschaft und die Besuche in der Großstadt offenbaren Jürnjakob, wohin er da geraten ist. Denn siehe, obwohl Land Amerika auch sein Gutes hat, secht hei, hat es doch keine Zeit, sich zu besinnen. Und deshalb haben es auch schon die Ochsen mit den Nerven zu tun. Amerika ist heil und deil verrückt.



Foto: Glaisin, alter Forsthof



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